Stam Volkmar (um 1595 – 1661) – Lauterbacher Bürger, Wohltäter und Stifter der nach dem Dreißigjährigen Krieg wiedererrichteten Dreifaltigkeitskirche

„Weil er nicht wisse, was der liebe Gott mit ihm vorhätte“ –
der Lauterbacher Bürger Stam Volkmar (um 1595 – 1661) stiftete die Dreifaltigkeitskirche

 

Die Wurzeln des ehemaligen Augustinerklosters in Alsfeld, das nach mittelalterlichen Vorstellungen innerhalb der Mauer im Bereich des Mainzer Tors und des Rossmarkts lag und das bereits einem Außenbezirk der Stadt zugeordnet war, gehen auf die Jahre 1280/90 zurück, als die Mönche des Mutterklosters in Gotha veranlassten, eine weitere Niederlassung des Bettelordens im hessischen Alsfeld zu gründen.

Baugeschichtlich weist die Anlage der Klosterkirche bzw. des seit 1664 den Namen der Dreifaltigkeit erhaltenden Gotteshauses in das 13. Jahrhundert zurück, wobei die ersten Erweiterungen vor allem die Merkmale des 14. und 15. Jahrhunderts erkennen lassen.

 

Mit der Einführung der Reformation in Alsfeld 1526/27 ist die Auflösung des Ordens erfolgt, sind die Kleinodien in die landgräfliche Kammer verbracht, die Einkünfte und Besitzungen zum großen Teil zur Unterhaltung der gegründeten protestantischen Universität Marburg gestiftet und die Gärten zunächst den Alsfeldern zur Nutzung übergeben worden. Nach diesem ersten Verfall der Kirche und des Anwesens tat der Dreißigjährige Krieg das Übrige, so dass die durch den Krieg zerstörten Gebäude nicht wiederaufgebaut wurden, die Kirche zerschossen war, die Ruinen des Klosters bis heute zu sehen sind und die Kirche als Gotteshaus nicht mehr genutzt werden konnte.

Dass die einstige Klosterkirche noch heute das Bild der Stadt bereichert, ist keinem Geringeren als dem Lauterbacher Bürger Stam Volkmar (um 1595 – 1661) zu verdanken. Zu dessen Ehren und zur Erinnerung an die großmütige Stiftung haben die Stadtväter den Straßenzug vom Rossmarkt bis zur Altenburger Straße nach dem Mauerdurchbruch 1907/08 zu Beginn des 20. Jahrhunderts als „Volkmarstraße“ ausgewiesen. Nicht ohne Grund befinden sich in der Kirche zwei Porträts, das des Stifters Stam Volkmar und das des Pfarrers Georg Eberhard Happel (1605 – 1673), da die beiden unmittelbar mit der Wiederherstellung bzw. der Stiftung der Kirche verbunden sind. Als Volkmar 1660 verspürte, dass sein Leben enden werde, bestellte er Happel nach Lauterbach, um seine Erbschaft zu verbriefen und um diese dem Hospital, der Kirche und der Stadt Alsfeld – neben anderen Bedachten – zu vermachen. Diese Entscheidung verziehen ihm die Lauterbacher selbstverständlich nicht. Nach dem Tod Volkmars 1661 begann der Streit ums Erbe, den Happel in den im Archiv wiederentdeckten Protokollen ausführlich schildert und den er für Alsfeld entscheiden konnte.

Georg Eberhard Happel hat uns in den Aufzeichnungen jedoch nicht den Namen der Kirche und die Vorgänge um die Wiederherstellung überliefert. Der Pfarrer hielt aber den Verlauf der Einweihung am 2. Sonntag nach Trinitatis (19. Juni) 1664 und die daran Beteiligten fest, wobei Stadt- und Kirchengemeinde, fürstliche Beamte sowie die Honoratioren des Ortes teilnahmen. Happel versäumte in diesem Zusammenhang nicht, dem wenige Jahre zuvor neben seinen Brüdern, die Aufnahme im örtlichen Hospital gefunden hatten, auf dem Alsfelder Frauenberg nun „ehrlich“ bestatteten edlen Stifter zu gedenken und Gott für die Wohltat und Wiederherstellung des Gotteshauses zu danken.

 

Nicht vorenthalten werden sollen die Vorgänge rund um den Bruder Stam Volkmars, Johannes, der im Alsfelder Hospital an der heutigen Volkmarstraße lebte. Johannes Volkmar, der um 1587 in Lauterbach geboren wurde, hatte neben dem oben erwähnten Stam noch einen Bruder namens Curt (um 1582 – 1652), wobei Johannes und Curt Aufnahme im örtlichen Hospital fanden und beide dort 1652 verstarben.

Bei der Durchsicht der Chronik (M. GAVA 5. R.) sowie beim Lesen in den eine geraume Zeit verloren geglaubten und wiederentdeckten Kirchen-Konventsprotokollen des Pfarrers Georg Eberhard Happel im Stadtarchiv Alsfeld fiel der Eintrag des Alsfelder Geistlichen auf, der von Johannes Volkmar handelt. Happel trägt in seiner Aufzeichnung unter dem Datum des 15. Juli 1652 ein, dass, nachdem „Joes (Johannes) Volckmar aus Lauterbach, päbstischer confession (katholischen Glaubens) zugethan, im Hospital alhier verstorben“ sei, der Kirchenrat zusammentrat, um wegen des Begräbnisses zu beraten. Die Entscheidung fiel so aus, dass Johannes Volkmar auf der Grundlage der Kirchenordnung und seines Verhaltens keine würdige Beerdigung gemäß der Sitte der Zeit gestattet werde. Happel vermerkt, dass sich Volkmar „halsstarrig“ verhalten habe und seinen „Irrtümern“ nicht abschwor, auch weder „zur predigt kommen, uneracht er etlichemahl privatim erinnert“ worden. Volkmar habe Luthers Bildnis in Grünberg geschändet, weil er – bereits übertragen – darunter Folgendes schrieb: „Lebend warst du (Luther) eine Pest, das weiß man auf der ganzen Welt, nun bist Du tot, der Papst aber lebt und wird noch stärker“.

Nach Happel hatte der Kirchenrat 1652 beschlossen, dass der „Locum Sepultura (Begräbnisort) zwar noch in die Maur auf dem Gottesacker (innerhalb der Friedhofsmauer) liege, doch er solle hinden an die Maur, da sonst ehrliche Bürger hinkommen“. Volkmars Grab musste nach dem Willen des Klerus (Geistlichkeit) gleich eines aus der Gemeinschaft Ausgeschlossenen vor den Bürgern verborgen werden und sollte alsbald in Vergessenheit geraten. Beim Begräbnis durften „nicht alle Glocken geläutet“ werden, sondern „nur mit einer allein oder gar nicht“, der Totengesang und die Leichenpredigt wurden verweigert, wohingegen ein „Bußsermon“ zum abschreckenden Exempel und allgemeiner Warnung zu verlesen sei. Jeder sollte daran erinnert werden, „Gottes Wort“ in Alsfeld als Protestant zu befolgen.

Michael Rudolf

Bildnachweis: Sammlung Andreas Lenth

Bildnachweis: Sammlung Andreas Lenth

 

Quellen/Literatur: Georg Eberhard Happel, Protocollum Ecclesiae, Kirchen-Konventsprotokolle, 1642 ff. (Stadtarchiv Alsfeld), St.A Alsfeld XV 5e: U.a. Mauerdurchbruch am ehemaligen Kloster 1907/08; H. Jäkel, Stam Volkmar aus Lauterbach, in: Heimat-Chronik der Oberhessischen Zeitung, Heft 8, August 1995; M. Rudolf, Der Lauterbacher Bürger Stam Volkmar stiftete die Dreifaltigkeitskirche, in: OZ-Extra v. 28. Februar 2007; Ders., „Ist er auch ohne Ceremonien und Gesang begraben …“, Johannes Volkmar erhielt als „Papist“ kein würdiges Begräbnis im protestantischen Alsfeld, in: OZ-Extra v. 24. Januar 2007.