
Aufgrund von § 24 Abs. 2 Nr. 1 der 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1991 (BGBl. I S. 169), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5238), erlässt die Stadt Alsfeld folgende Allgemeinverfügung:
1. Das Abbrennen und Abschießen von Feuerwerkskörpern der Kategorie F2 (Kleinfeuerwerk, z. B. Raketen, Schwärmer, Knallkörper, Batterien usw.) ist über das vom 02. Januar bis 30. Dezember eines Jahres bestehende gesetzliche Abbrennverbot hinaus auch am 31. Dezember 2025 (Silvester) und 01. Januar 2026 (Neujahr) im Bereich der Alsfelder Altstadt (Altstadtkern), innerhalb der Umgrenzung von Burgmau-erweg, Klostermauerweg, Mainzer Tor, Marburger Straße, Schellengasse und Alicestraße verboten.
2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.
3. Das Verbot nach § 23 Abs. 1 der 1. SprengV bleibt von dieser Allgemeinverfügung unberührt. Danach ist das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden (z. B. Fachwerkhäuser) oder Anlagen (z. B. Tankstellen) generell verboten.
4. Zuwiderhandlungen können gemäß § 46 Nr. 8 b oder Nr. 9 der 1. SprengV i. V. m. § 41 Abs. 1 Nr. 16
und Abs. 2 des Sprengstoffgesetzes in der derzeit geltenden Fassung als Ordnungswidrigkeit mit einer
Geldbuße bis zu 50.000,00 € geahndet werden.
5. Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 Hessisches Verwaltungsverfahrens-gesetz (HVwVfG) an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Begründung:
I.
In der Alsfelder Altstadt sind über 400 Fachwerkhäuser aus sieben Jahrhunderten erhalten. Um die alten Baustrukturen zu sichern, erhielt die Stadt Alsfeld die Auszeichnung „Europäische Modellstadt für Denk-malschutz“. Aufgrund der Bautechnik sind diese Gebäude wesentlich anfälliger für eine versehentliche Entzündung durch Feuerwerk als modernere Bauwerke. Weiterhin birgt die enge Bebauung ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Brandes. Beispielsweise können pyrotechnische Gegenstände zwischen lockeren Ziegeln, aber auch in Dachböden, Lüftungsöffnungen oder Regenrinnen einschlagen und somit ein Schadfeuer entzünden.
Die engen Winkel zwischen den Gebäuden, welche beispielsweise Laub, dürres Gras oder auch Unrat bergen, sowie Fugen und Ritzen, z. B. im Bereich der Dächer, stellen viele potentielle Punkte für eine Brandentstehung dar. Im Brandfall ist der Schaden potentiell groß. Die Fachwerkhäuser stellen für die Bevölkerung einen herausragenden Wert und ein wichtiges Identifikationsmerkmal mit ihrer Stadt dar.
Die Altstadt, insbesondere der Bereich um den Marktplatz, wird in jeder Silvesternacht von Personen be-sucht, um den Jahreswechsel zu feiern. Dabei werden pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 (Kleinfeuerwerk, z. B. Raketen, Schwärmer, Knallkörper, Batterien etc.) abgefeuert und abgebrannt. In-folge von Alkoholkonsum, ausgelassener Stimmung etc. kommt es erfahrungsgemäß des Öfteren zu ei-nem leichtfertigen Umgang mit diesen pyrotechnischen Gegenständen in der Altstadt.
II.
Rechtsgrundlage für diese Anordnung ist § 24 Abs. 2 Nr. 1 der 1. SprengV. Schutzobjekte der Anordnung sind besonders brandempfindliche Gebäude oder Anlagen. Schutzziel ist die Verhütung von Bränden durch pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2.
Die Anordnung des Abbrennverbots ist geeignet, Brände durch das Abbrennen und Abfeuern pyrotechni-scher Gegenstände der Kategorie F2 zu verhüten und somit auch Schäden an der Bausubstanz der Fach-werkhäuser zu verhindern. Weiterhin ist die Anordnung erforderlich, da es kein milderes Mittel gibt, das denselben Erfolg mit gleicher Sicherheit verspricht. Schlussendlich ist das Abbrennverbot auch angemes-sen. Es beschränkt den betroffenen Personenkreis nicht unzumutbar in seinen Rechten und der beab-sichtigte Zweck steht nicht außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs. Das Verbot greift lediglich gering-fügig in das Recht auf die allgemeine Handlungsfreiheit Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ein, während das geschützte Rechtsgut Eigentum Artikel 14 (GG) einen in der Verfassung hohen Rang hat. Infolgedes-sen ist die Anordnung des Abbrennverbots verhältnismäßig. Das öffentliche Interesse, die Verhinderung von Brandentstehung und somit von Sachschäden, überwiegt das private Interesse am Abbrennen und Abfeuern von Feuerwerkskörpern.
Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Die sofortige Vollziehung wird gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der derzeit gültigen Fassung im öffentlichen Interesse angeordnet. Die aufschiebende Wirkung eines Wider-spruchs entfällt in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet wurde. Der Verhinderung von Bränden und Sachschäden durch pyrotechnische Gegenstände durch das Abbrennverbot in den ausgewiesenen Bereichen kommt aufgrund der Bedeutung der Rechtsgüter ein besonderes Gewicht zu. Mit der Wirkung dieser Verfügung kann nicht bis zur Entscheidung über etwaige Rechtsbehelfe abgewartet werden. Dabei überwiegt das öffentliche Interesse der Durchsetzung der An-ordnung trotz Rechtsbehelfe das Interesse von betroffenen Personen an der aufschiebenden Wirkung. Der Abwendung der Brandgefahr ist der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Einzelnen zu geben. Im öffentlichen Interesse ist die Anordnung des Sofortvollzugs demnach geboten.
Von einer Anhörung wurde auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 HVwVfG abgesehen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung war zudem zu berücksichtigen, dass diese Entscheidung im öffentlichen Inte-resse gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 HVwVfG notwendig ist und bei der vorliegenden Sachlage eine Anhörung der Betroffenen ohnehin nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge führen kann.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei Stadt Alsfeld – Ordnungsbehörde – , Markt 3, 36304 Alsfeld, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann beim Verwaltungsgericht Gießen, Marburger Straße 4, 35390 Gießen, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt werden.
Alsfeld, 20. Dezember 2025
gez.
Stephan Paule
Bürgermeister