Innenminister Roman Poseck hat am 22. November gemeinsam mit dem Hessischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Andreas Hofmeister, im Hoftheater in Wiesbaden den diesjährigen Landespreis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ mit dem thematischen Schwerpunkt „Achtzig Jahre Flucht und Vertreibung – Einsatz für Frieden, Demokratie und Menschenwürde – „Nie wieder“ Krieg, Völkerhass und Vertreibungen“ verliehen.

Der zweite von sechs Preisen geht nach Alsfeld

Der zweite Preis ging an Michael Rudolf und Dr. Monika Hölscher, Herausgeber des Buches „Flucht und Vertreibung in den Alsfelder Raum – Erinnerungen bewegen noch immer“, das im Sommer 2025 im Alsfelder Rathaus der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.


Buchvorstellung im Alsfelder Rathaus: Dr. Monika Hölscher, MdL Jennifer Gießler, Michael Rudolf, Bürgermeister Stephan Paule

Das Werk dokumentiert ein mehrjähriges Schulprojekt der Albert-Schweitzer-Schule in Alsfeld, das in enger Zusammenarbeit mit Politik und Bürgerschaft entstand. Schüler führten Zeitzeugeninterviews, werteten Materialien aus und setzten sich intensiv mit historischen Hintergründen auseinander.

Innenminister Poseck hob in seiner Laudatio die langjährige Projektarbeit und den partizipativen Ansatz hervor, die beispielgebend seien. „Die Preisträger haben aufgezeigt, wie wichtig Erinnerungsarbeit auch für junge Menschen ist. Neben persönlichen Schicksalen geht es um lokale Erinnerungskultur und die Bedeutung historischer Bildung im Schulkontext. Die authentischen Berichte bieten einen eindrucksvollen Einblick in die Erlebnisse und Schicksale von Menschen aus dem Vogelsbergkreis.“

Auch Bürgermeister Stephan Paule freut sich sehr über die Auszeichnung aus Wiesbaden: „Das Engagement der Schülerinnen und Schüler bei diesem Projekt ist beeindruckend und zeigt, wie junge Menschen sich aktiv mit der Geschichte auseinandersetzen können. Ich danke den Preisträgern Dr. Monika Hölscher und Michael Rudolf sehr herzlich, dass sie sich diesem wichtigen Teil unserer Geschichte angenommen und dieses Buchprojekt so authentisch und lebendig umgesetzt haben. Und ich danke last but not least den Zeitzeugen, dass sie uns darin an ihren ganz persönlichen Schicksalsgeschichten teilhaben lassen.“

In ihrer Rede dankte Dr. Monika Hölscher in erster Linie Michael Rudolf, der krankheitsbedingt nicht bei der Preisverleihung anwesend sein konnte. „Er ist derjenige, der dieses Projekt vor 4 Jahren mit seinen Schülern aus der Taufe gehoben hat. Es geht vor allen Dingen darum zu verstehen, welche Spuren von ´Flucht und Vertreibung` noch heute in Alsfeld und Umgebung zu finden sind. Die Frage, warum es beispielsweise in Alsfeld eine Sudetenland-, Ostpreußen- oder Schlesienstraße gibt, warum ein an Flucht und Vertreibung weithin sichtbarer erinnernder Wegweiser am Ludwigsplatz aufgestellt worden ist, Gedenksteine oder Gedenktafeln auf dem Friedhof oder am Weinhaus am Alsfelder Marktplatz zu finden sind, ist nur dann nachvollziehbar, wenn man sich auf Spurensuche vor Ort begibt und sich mit dem Thema intensiv beschäftigt, wie es dieses Schulprojekt getan hat.“ Das Thema Flucht und Vertreibung darf nicht in Vergessenheit geraten; es muss immer wieder neu verhandelt und behandelt werden.“

„Die Intention des Projektes war und ist es, Vergangenes zu bewahren, gegen das Vergessen zu schützen, Individuelles festzuhalten sowie Erlebtes für Gegenwärtiges und Zukünftiges transparent zu machen. Die Absicht des Projektes war es ferner, dass Schülerinnen und Schüler lernen, Interviews zu führen, das Gehörte zu notieren, ein Verständnis von Wirkung und Gegenwirkung, von Actio und Re-Actio, in der Geschichte zu erhalten und Methoden zu entwickeln, wie sie mit  ´oral history` umgehen, Quellen erschaffen, die für das Gestern, Heute und Morgen Bestand haben, sich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen und Fragen an die Geschichte zu stellen“, erläuterte Michael Rudolf bereits bei der Buchvorstellung im Juni.

„Die Auszeichnung aus Wiesbaden ist –insbesondere auch für die jungen Leute, die mitgewirkt haben-, eine tolle Anerkennung“, freut sich Rudolf. Das Preisgeld stiftet er einem auf das Buchprojekt aufbauenden neuen Projekt, filmische Podcasts, die in Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Soziales und Kultur der Stadt Alsfeld entstehen sollen und die auch zur unterrichtlichen Ergänzung in den Schulen eingesetzt werden können: Geschichte und Geschichten zum Hören und Sehen über Krieg, Flucht und Vertreibung – sowie Neubeginn in Alsfeld und Umgebung. Eine Stimme der Zeitzeugen, die von Krieg, Verlust und Alltag berichtet. Es geht um Kriegskinder, um das Schicksal der Heimatvertriebenen, um Erinnerungen– und um die Frage, was Heimat bedeutet.

Das prämierte Werk „Flucht und Vertreibung in den Alsfelder Raum – Erinnerungen bewegen immer noch“ ist im Buchhandel erhältlich und eine klare Empfehlung für alle, die sich für dieses wichtige Kapitel der Geschichte interessieren und noch ein besonderes Geschenk für Weihnachten suchen.


MdL Jennifer Gießler, Dr. Monika Hölscher, Markus Harzer (zur Zeit des Projektes Mitglied im Landesvorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft), Andreas Hofmeister

 

Titelbild: Innenminister Roman Poseck, Landesbeauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Andreas Hofmeister, Dr. Monika Hölscher

Fotos: Stadt Alsfeld