Vor zehn Jahren hatten sie ihre Schultüte in der Hand, jetzt die Abschlusszeugnisse: Die Abgänger 2019 von der Geschwister-Scholl- Schule Alsfeld. Foto: Anja Kierblewski

ALSFELD (kiri). Mit einer Schultüte fing alles an. Jetzt, knapp ein Jahrzehnt später, ist diese Epoche schon wieder vorbei: Die Schulzeit. Am langen Fronleichnamswochenende feierten rund 130 Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Schule Alsfeld ihren Schulabschluss – mit einem besonderen Abend, der ganz anders gestaltet war, als man es sonst von Abschlussfeiern und Abschlussbällen kennt: Das Programm gestalteten alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam im jeweiligen Klassenverbund und sorgten dafür, dass jeder von ihnen einen aktiven Beitrag an dem Abend leistete.

Ornella Pinheiro da Cruz und Emma Puley führten souverän und wortgewandt durch den Abend der Entlassfeier in der Aula der Sekundarstufe II der Albert-Schweizer Schule, kündigten jeden Programmpunkt an und schafften fließende Übergänge zu den facettenreichen Darbietungen, durch die Schüler und Lehrer der Haupt- und Realschule.

„Faded“ – mit diesem Song, intoniert von der Schulband und einem kleinen Chor unter der Leitung von Konrektor Rolf-Dieter Aff, wurde das rund dreistündige Programm eröffnet. Anne Christ, stellvertretende Schulleiterin, schloss sich direkt mit ihrer Begrüßung aber auch der Ehrung der Jahrgangsbesten an. In ihrer Rede sinnierte sie darüber, ob die Schüler tatsächlich immer schlechter werden würden. Dabei fand sie zum Schluss für sich eine klare Antwort: „Nein, sonst wären wir schon wieder bei den Neandertalern angekommen“. Das was an dem Abend zu sehen war, war doch meilenweit davon entfernt – nicht nur optisch, die Mädchen in wunderschönen Kleidern, chic frisiert und leicht geschminkt und die jungen Männer erstmals vermutlich im Anzug, mit Schlips oder Fliege.

Die Schulleiterin, wie ebenfalls auch weitere Redner aus der Schulgemeinde, betonten es im Laufe des Abends mehrfach: „Dieser Jahrgang ist ein besonderer Jahrgang, der sich ausgezeichnet hat durch gutes Benehmen, Anstand, Pünktlichkeit und vor allem außerordentliches positives Sozialverhalten.“ Dies bestätigten auch die beiden Klassenlehrer Susanne Schlosser-Rock und Alexander Kreuder in ihren Grußworten. Während die meisten vorherigen Abgänger sich durch krawallartiges Verhalten versucht hätten unvergessen zu machen, hätte der aktuelle Jahrgang dies durch sein „anständiges Benehmen“ und den Respekt, Dank und Wertschätzung gegenüber der Schule geschafft.

Dankbarkeit, Respekt und Wertschätzung war an dem Abend ganz deutlich zu spüren – beidseitig: Die Schüler zollten es den Lehrern und der Schulleitung, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer umgekehrt. Nicht nur durch die Auszeichnungen, die einige Schüler für Bestnoten oder besonderes Engagement erhielten, sondern die ganze Atmosphäre des Abends war geprägt davon. Sichtbar und hörbar während der einzelnen Auftritte der Klassen, aber auch bei den Zeugnisübergaben zwischen den Klassenlehrern und ihren Schülern – Umarmungen, High-Five oder auch das eine oder andere frotzelnde Wort zeugten von den guten Beziehungen untereinander.

André Falk wurde für seinen hervorragenden Realschulabschluss mit 1,0 Notendurchschnitt ausgezeichnet, ebenso Gurbet Demir als Bester der Hauptschule mit einem Notendurchschnitt von 1,4. Den besten Berufsorientierten Abschluss machte Alexander Lang. Aber nicht nur die drei Jahrgangsbesten wurden geehrt, auch die Klassenbesten, so bekam neben Gurbet Demir auch noch Ramona Stöhr aus der 9Ha eine Auszeichnung, Josephine Haschler aus der 10Ra (1,0), Kevin Helwig und Doreen Peppler aus der 10Rd (jeweils 1,5) sowie Joshua Bär und Bastian Wehr aus der 10Rb mit einem Notendurschnitt von 1,8.

Insgesamt absolvierten 97 Schülerinnen und Schüler den Realschulabschluss, 53 davon den qualifizierten Abschluss, der sie berechtigt weiter auf das Gymnasium zu gehen. 29 Schüler schlossen erfolgreich die Hauptschule ab, 18 von ihnen mit einem qualifizierten Abschluss mit dem zusätzlichen Fach Englisch. Sieben Schüler machten den Abschluss in der Berufsorientierung.

Neben den reinen Noten, ehrte die Schule auch Schüler, die entweder durch ihr besonderes Engagement als Streitschlichter oder für besondere Leistungen Anerkennung und Dank der Schulgemeinde verdienen. So bat Ann-Cathrin Schmidt die „alten Hasen“ auf die Bühne, die von den „jungen Hasen“ als Streitschlichter verabschiedet wurden. „Diese jungen Menschen hier haben mehrere Jahre sich für ein freundliches Miteinander innerhalb der Schülerschaft eingesetzt, sie haben Schulungen absolviert, während ihrer Pausen Schlichtungen durchgeführt, um bei Konflikten frühzeitig zu helfen, waren Ansprechpartner für jüngere Schüler und zeigten damit ein hohes soziales Engagement“, erläuterte Ann-Cathrin Schmidt, und ehrte mit den Leitbild und Worten von Richard von Weizsäcker folgenden Schülerinnen und Schüler: Aylin Musaev, David Tkotz, Ornella Pinheiro da Cruz, Lisa-Marie Mück, Emma Puley und Nicole Dörr.

Für ihr besonderes Engagement wurden dieses Jahr Emma Puley, Anna Velten, Nicole Dörr, Joshua Bär und David van der Sluijs ausgezeichnet. Sie hatten bei der Gestaltung des 9. Novembers 2018 mitgewirkt, der in Alsfeld immer sehr würdevoll begangen wird.

Zwischen den Reden – auch Benjamin Weiß als Schulelternbeirat, Schulsprecherin Luisa Vonderlind und Henner Muhl als Vertreter der Stadt Alsfeld richteten wohlwollende, motivierende und dankbare Worte an die Schülerschaft, die Lehrer aber auch an die Eltern, die ihre Kinder zehn Jahre lang geduldig und aufopfernd unterstützt haben – wurden die einzelnen Klassen auf die Bühne gebeten. Jede Klasse hatte im Klassenverbund etwas vorbereitet – einen Song, einen Tanz oder auch Sketche, alle sehr kurzweilig und unterhaltsam. Viele Lacher aus dem Publikum bekamen allerdings die 10Rb und die 10Rc, die nicht nur das neue Schulfach „EAV – eigenverantwortliches Arbeiten“ durch den Kakao zogen, sondern auch Persönlichkeiten der Klasse vorstellten, wie der Schulschwänzer, der Schläfer, die Streber oder die Asozialen, sowie auch ein paar Geständnisse am Ende ihrer Schulzeit den Lehrern machten. So manche Hausaufgabe war dann doch abgeschrieben, Referate, die unerklärlicherweise von den USB-Sticks verschwunden waren gab es doch nicht, oder die Arztbesuche waren vorgetäuscht. Auch die Lehrer plauderten das eine oder andere aus, was sie sehr wohl bemerkt, gesehen oder wachsam beobachtet hatten, in der Hoffnung die Eigenverantwortung der Schüler damit zu stärken. An dem Abend war alles mit Humor zu nehmen und die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit überwiegte.

Alle Redner des Abends bestätigten dies, warfen aber auch einen Blick in die Zukunft, indem sie die Schülerinnen und Schüler motivierten, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren, nach ihren Werten zu leben, die Zukunft mitzugestalten und dafür auch Verantwortung zu übernehmen. Auch riet ihnen Susanne Schlosser-Rock, die an dem Abend selbst als Lehrerin Abschied von der Schule nahm, die Chance des „goldenen Bodens des Handwerks“ zu nutzen – so zu verstehen, dass nicht jeder studieren muss, sondern das die jetzige Generation in handwerklichen Berufen benötigt wird und man dort einen wichtigen Beitrag leisten und sich eine vielversprechende Zukunft aufbauen kann.